Aus verschiedenen Gründen (z.B. aufgrund einer schweren Erkrankung, einer Behinderung oder eines Unfalls) kann es vorkommen, dass ein erwachsener Mensch seine rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr in vollem Umfang selbst besorgen kann.

Wer kümmert sich dann um diese Angelegenheiten?

Sofern keine Vorsorgevollmacht existiert und andere Unterstützungsmöglichkeiten nicht ausreichen, kann das zuständige Betreuungsgericht eine rechtliche Betreuung einrichten. Hierbei wird eine geeignete Person zum_r gesetzlichen Vertreter:in für den betreuten Menschen bestellt. Diese:r ist vorzugsweise eine geeignete Person aus dem persönlichem Umfeld, es kann aber auch ein:e Berufs- oder Vereinsbetreuer:in bestellt werden. Wenn Angehörige diese Aufgabe übernehmen können, werden sie bevorzugt bestellt.

Die rechtliche Betreuung schränkt die Geschäfts- und die rechtliche Handlungsfähigkeit der betreuten Person nicht ein. Eine oftmals befürchtete “Entmündigung” findet nicht statt.

Die Berliner Betreuungsvereine beraten und unterstützen alle Interessierten.

Die Beratung ist unabhängig, vertraulich und kostenfrei.

„Rechtliche Betreuung“

Eine Betreuung wird vom Betreuungsgericht angeordnet, wenn die betroffene Person an einer Krankheit oder Behinderung leidet und daher nicht in der Lage ist, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen. Aufgabe der Betreuer:innen ist es, die betroffenen Menschen in ihrer Lebensführung zu unterstützen. Betreuer:innen müssen dabei die Betreuung so führen, dass die Wünsche der Betroffenen sowie ihr Recht auf Selbstbestimmung im Vordergrund stehen. Den betreuten Menschen wird dadurch i.d.R. nicht das Recht genommen, ihre Angelegenheiten weiterhin eigenständig zu regeln.

Erkrankungen, die einer rechtlichen Betreuung zugrunde liegen, sind zum Beispiel Demenzerkrankungen, Psychosen (Schizophrenie, Manie, Depressionen), Suchtkrankheiten. Eine Betreuung kann auch aufgrund einer geistigen Behinderung angeordnet werden. Zudem ist es möglich, dass eine körperlich stark eingeschränkte Person eine Betreuung für sich beantragt. Voraussetzung ist in allen Fällen, dass die betroffene Person nicht mehr in der Lage ist, ihre rechtlichen Angelegenheiten ohne Unterstützung zu regeln (z.B. Überweisungen vorzunehmen, Anträge zu stellen, behördlichen Schreiben zu verstehen und zu bearbeiten, gesundheitliche Entscheidungen zu treffen, auf Vermieterschreiben zu reagieren oder vieles andere mehr).

„Verfahren zur Betreuer:innenbestellung“: Einrichtung einer rechtlichen Betreuung

Über die Einrichtung einer Betreuung entscheidet das Betreuungsgericht (eine Abteilung des Amtsgerichts, in dessen Bereich sich die betroffene Person zum Zeitpunkt der Anregung gewöhnlich aufhält, meist wird dies der Wohnort sein). Das Verfahren zur Einrichtung einer Betreuung beginnt entweder auf Antrag der betroffenen Person oder auf Anregung Dritter, zum Beispiel der Angehörigen.

Bei Menschen mit körperlicher Behinderung erfolgt die Einleitung des Verfahrens nur auf deren Antrag hin.

Die betroffene Person wird schriftlich darüber informiert, dass ein Betreuungsverfahren eingeleitet wurde.

Stellungnahme der Betreuungsbehörde

Die Betreuungsbehörde unterstützt die gerichtliche Tätigkeit. Sie nimmt Kontakt zur betroffenen Person auf, prüft im Rahmen eines sog. „Sozialberichts“ die Notwendigkeit einer Betreuung und ob andere Hilfen, z. B. eine Vorsorgevollmacht, vorhanden sind.

Zudem unterbreitet die Betreuungsbehörde dem Gericht einen Vorschlag, wer die Betreuung übernehmen könnte. Schlägt die betroffene Person selbst eine Betreuungsperson vor, die geeignet ist, hat dieser Wunsch in der Regel Vorrang.

Sachverständigengutachten

Das Betreuungsgericht holt ein Sachverständigengutachten bei einem Facharzt/ einer Fachärztin für Psychiatrie zur Abklärung der medizinischen Voraussetzungen (Vorliegen einer Erkrankung oder Behinderung, Fragen zur Geschäftsfähigkeit) ein.

Richterliche Anhörung

Die richterliche Anhörung der betroffenen Person findet üblicherweise in deren gewohnter Umgebung (zu Hause oder in einem Pflegeheim) oder im Dienstzimmer der Richterin/ des Richters statt (wenn die betroffene Person mobil ist).

Beschluss zur Einrichtung einer Betreuung und Betreuer:innenausweis

Das Betreuungsgericht beschließt die Anordnung einer Betreuung per Beschluss. Der Beschluss beinhaltet neben dem Namen der zu betreuenden Person und dem Namen der Betreuerin/ des Betreuers die Erforderlichkeit einer Betreuung, ein Datum für die festgesetzte Überprüfungsfrist (längstens 7 Jahre) und eine Rechtsbehelfsbelehrung.

Das Betreuungsgericht stellt das Verfahren ein, sofern die Voraussetzungen für die Anordnung einer Betreuung nicht erfüllt sind, z. B. beim Vorliegen einer Vorsorgevollmacht.

Nachdem der Betreuungsbeschluss zugestellt wurde, führen die zuständigen Rechtspfleger:innen mit den ehrenamtlichen Betreuer:innen ein Einführungsgespräch und übergeben ihnen die jeweilige Bestellungsurkunde (= Betreuer:innenausweis). Der grüne Betreuer:innenausweis enthält Angaben zur betreuten Person, zur Betreuer:in, zu den Aufgabenbereichen und, wenn erforderlich, zum Einwilligungsvorbehalt oder zum Ablauf der Betreuung bei einstweiligen Anordnungen. Der Betreuer:innenausweis ist der Nachweis über die gesetzliche Vertretung gegenüber Dritten.

In Eilfällen kann das Betreuungsgericht in einem vereinfachten Verfahren durch einstweilige Anordnung vorläufig eine Betreuung einrichten.

Aufgabenkreis:

Bei der Anordnung der rechtlichen Betreuung wird der Aufgabenkreis mit den einzenen Aufgabenbereichen festgelegt. Betreuer:innen dürfen nur innerhalb dieser angeordneten Aufgabenbereiche tätig werden. Wenn die Vertretung später auch für weitere Aufgabenbereiche notwendig werden sollte, kann das Gericht diese in die Betreuung aufnehmen.

  • Vermögenssorge (z.B. Verwaltung der Finanzen, ggf. der Schulden)
  • Gesundheitssorge (Kontakt zu den behandelnden Ärztinnen und Ärzte, Einsichtsrechte in Krankenunterlagen, ggf. Einwilligung zu medizinischen Behandlungen)
  • Aufenthaltsbestimmungsrecht (z.B. die Organisation von Umzügen, etwa in ein Pflegeheim, das An-, Ab- und Ummelden beim Einwohnermeldeamt) 
  • Wohnungsangelegenheiten (Abschluss und Kündigung von Mietverträgen, Organisation eines Umzugs)
  • Vertretung vor Ämtern und Behörden (Stellen von Anträgen auf Rente, Arbeitslosengeld, Grundsicherung etc.)

Seit dem 01.01.2023 müssen folgende Aufgabenbereiche ausdrücklich angeordnet worden sein, damit Betreuer:innen in diesen Lebensbereichen handeln können:

  • Unterbringung (z.B. zum Zwecke der Heilbehandlung)
  • unterbringungsähnliche Maßnahmen (z.B. Fixierungen, sedierende Medikamente, Bettgitter, Stecksitz im Rollstuhl)
  • Regelung des Umgangs
  • Bestimmung des Aufenthalts im Ausland
  • Telekommunikation
  • Postangelegenheiten

Diese Aufzählung ist nicht abschließend, es können unter Umständen sehr individuelle Aufgabenbereiche festgelegt werden.

Wer wird Betreuer:in ?

Vorrangig werden vom Amtsgericht Familienangehörige oder freundschaftlich verbundene Personen als Betreuer:innen bestellt. Sollten diese nicht zur Verfügung stehen oder nicht bereit bzw. geeignet sein, können sogenannte „fremde“ ehrenamtliche Betreuer:innen und in schwierigen Fällen beruflich tätige Betreuer:innen bestellt werden. Die betroffene Person kann natürlich eine bestimmte Person als Betreuer:in wünschen. In der Regel entspricht das Betreuungsgericht diesem Wunsch, wenn die vorgeschlagene Person geeignet ist, diese verantwortungsvolle Tätigkeit zu übernehmen.